Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde!

Seit dem Sturz des Assad-Regimes sind mittlerweile einige Monate vergangen. Wie geht es jetzt den Menschen in Aleppo und in N-W-S? Wie schon im letzten Spendenbericht vom 13.12.24 berichtet, ist es für die meisten Syrer weiterhin nicht wirklich fassbar, dass eine der grausamsten Diktaturen neuerer Zeit plötzlich zu Ende ist. Angst, Ohnmacht und Wertlosigkeit haben sich, durch die jahrzehntelange Herrschaft einer eigensüchtigen und grausam- gewaltvollen Kaste, tief in die Seelen und Körper vieler Menschen eingegraben. Ein Cousin namens Ali (Name geändert) erzählte mir vor wenigen Wochen am Telefon, ich habe ihn bisher vorwiegend besorgt und bedrückt erlebt, sichtlich erleichtert und freudestrahlend: „Es beginnt eine neue Zeit mit einer besseren Zukunft. Aber wir brauchen Geduld, bis der Krieg und die Erlebnisse der Vergangenheit aufgearbeitet sind und sich neue Strukturen bilden können, das geht nicht von heute auf morgen.

50 Jahre Diktatur hinterlässt in der Gesellschaft und im Einzelnen ihre Spuren.“ Ali hatte miterleben müssen, wie sein Vater 17 Jahre unschuldig in einem Foltergefängnis gefangen war, ohne dass seine Familie wusste, ob er noch am Leben ist oder nicht. Sein Vater wurde als ein seelisch-körperlich gebrochener Mann entlassen und hat Zeit seines Lebens die Folter und die Gefangenschaft nicht überwunden. Leider hat er das Ende des Regimes nicht mehr erlebt, er ist zwei Jahre zuvor, letztendlich an den Folgen seines Gefängnisaufenthaltes, gestorben.

Kleine positive Änderungen sind jedoch spür- und sichtbar. Was für uns hier im Westen als selbstverständlich erscheint, ist z.B. wie für meinen Onkel Riad (Name geändert) eine vollkommen neue Erfahrung, wenn er berichtet: „Die neue Polizei ist seit den neuen Machthabern zu uns freundlich. Wir werden als ebenbürtige Menschen behandelt.“ Und weiter berichtet er: „Wir dürfen das erste Mal unsere Meinung sagen und dürfen auf den Straßen demonstrieren, solange keine Gewalt von uns ausgeht. Jetzt dürfen wir, was davor unter großer Strafe stand, öffentlich Devisen z.B. Euro oder Dollar in Syrische Pfund wechseln“. Auch sagt er: „Die Menschen lieben alle den neuen Übergangspräsidenten Ahmad al Sharaa, sie haben in ihm großes Vertrauen. Es sind kluge Leute in der neuen Regierung“. Hoffnung, Zuversicht und Erleichterung konnte ich in den letzten Monaten von vielen Menschen in Syrien und auch von den in Deutschland lebenden Verwandten und Bekannten hören.

Jedoch höre ich auch, so von meiner Tante Suha (Name geändert) aus Aleppo Unsicherheit und Besorgnis: “ Die Lage ist nicht stabil, es gibt Racheakte insbesondere auf dem Land und zum Teil auch in Aleppo. Manche wollen sich am Tod ihrer Verwandten rächen, die durch Milizen oder Anhänger des alten Regimes ums Leben gekommen sind. Es gibt noch keine funktionierende Polizei, die für Recht und Ordnung im ganzen Land sorgen kann. Diese muss noch aufgebaut werden.“ Über die wirtschaftliche Situation erzählt sie: “ Wirtschaftlich erkennen wir kleine Verbesserungen, z.B. sind einige Lebensmittel billiger geworden. Autos gibt es wieder mehr zum Kaufen und sind günstiger als zuvor. Insgesamt ist aber das Leben sehr teuer und die meisten von uns haben nicht das Geld dafür. Meine Tochter, sie ist Lehrerin, hat seit zwei Monaten keinen Lohn erhalten. Der neue Staat hat kein Geld. Der alte Präsident Assad hat mit seiner Flucht sämtliches Vermögen des Staates mitgenommen. Und westliche Sanktionen hindern uns das Land aufzubauen.“

Das Auswärtige Amt bestätigt in seiner Nachricht vom 20.03.25: „…. immer noch leben 90% der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze. Vielen fehlt es schlicht am Allernötigsten: Nahrung, Gesundheitsversorgung, Elektrizität, Schulunterricht, Arbeit …“
Die Aussage des Auswärtigen Amtes schließt das Gebiet in N-W-S mit ein. Mit dem Unterschied, dass die Lage für die meisten dort lebenden Binnenflüchtlinge dramatischer ist. Sie leben unter schwierigsten Verhältnissen in Zelten oder provisorischen Unterkünften. Die Binnenflüchtlinge kommen aus verschiedenen Teilen Syriens. Diese Gebiete waren ehemals von den Kämpfen stark betroffen, worauf viele flüchten mussten oder evakuiert wurden. Sehr viele der Binnenflüchtlinge können nicht in ihre Dörfer und Städte zurückkehren. Ihre Häuser bzw. Wohnungen sind zerstört. Sie haben auch keine Grundlagen ihren Lebensunterhalt zu sichern, da auch hier Felder, Werkstätten, Geschäfte u.a. zerstört sind. Die Binnenflüchtlinge sind gezwungen weiterhin in ihren provisorischen Unterkünften und Zelten auszuharren und sind größtenteils auf humanitäre Hilfe angewiesen.

Die Menschen sowohl in Aleppo als auch im N-W-S benötigen weiterhin unsere Unterstützung. Dank Ihrer Spenden können wir unsere Arbeit fortführen.

Diese ist in:

Aleppo:

Beitrag zum Lebensunterhalt für ca. 250 Familien, vorwiegend für Witwen mit ihren Kindern. Beitrag zu ärztlichen Behandlungen, Kauf von Medikamenten und Durchführung von kleinen OPs von mehreren Personen pro Monat. Anzahl der unterstützten Personen schwankt je nach Bedarf und Kosten, durchschnittlich wird ca. 20-30 Personen monatlich damit geholfen. Patenschaften für 20 Waisenkinder, insbesondere für Bildung und Lebensunterhalt. Je nach Bedarf und Etatmöglichkeiten werden Sonderaktionen durchgeführt, so z.B. Verteilung von Brot an Arme, Bildungsunterstützung für SchülerInnen und StudentenInnen z.B. Kauf von digitalen Geräten, Übernahme von Studiengebühren udgl..

N-W-S:

Verteilung von Heizkohle- als auch Lebensmittel an Binnenflüchtlinge. Hier ein Videolink zu der letzten Heizkohleverteilung im Januar dieses Jahres. (Leider ab der Hälfte mit verdrehtem Format gefilmt):

Unser Kontaktmann Abdel Fatah spricht im Video: „Marhaba Mouna. Wir sind jetzt in diesem Zeltlager. Wir beginnen die Heizkohle zu verteilen. Hier leben immer noch Binnenflüchtlinge. Danke an Euch, den Leuten von Hilfe für Aleppo. Gott segne Euch.“

Und hier ein Videolink zu der letzten Lebensmittelverteilung im März dieses Jahres:

Abdel Fatah spricht im Video: „Hier siehst du, wie die Leute leben. (Es werden Lebensmitteltüten an die Familien verteilt) Warum kehrt ihr nicht zurück“. Ein Mann spricht: „Unsere Häuser sind zerstört.“

Im Namen der notleidenden Menschen bedanken wir uns aufrichtig für Ihre bisherigen Spenden und bedanken uns auch sehr für Ihre weitere Unterstützung, um die Hilfe für Aleppo und N-W-S sichern zu können.

Mit besten Grüßen
Sabbagh Mouna, im Namen des Vereins